Übergewicht verstehen und vorbeugen

Samantha Ballo
Veröffentlicht 15. November 2024Lesezeit 4 Min.

Wie beugen wir am besten Übergewicht vor? Zuerst einmal müssen wir dessen Entstehung verstehen. In den unteren Abschnitten geben wir einen kurzen, evidenz-basierten Einblick in wissenschaftliche Modelle zur Entstehung und Vorbeugung von Übergewicht.

Dabei widmen wir uns den Fragen:

  • Welche Rolle spielen Kohlenhydrate und Proteine bei der Entstehung von Übergewicht?
  • Wirken sich Proteine wirklich positiv aus?
  • Welche Proteinzufuhr ist optimal?

Das Kohlenhydrat-Insulin-Modell

Was ist Insulin

Insulin ist ein körpereigenes Hormon, welches verschiedene Funktionen hat. U.a. wird es von der Bauchspeicheldrüse verstärkt ausgeschüttet, sobald der Blutzuckerspiegel (genauer: der Blutglucosespiegel) steigt. Insulin bewirkt, dass die Glucose aus dem Blut entfernt und von den Körperzellen aufgenommen wird. Das Hormon ist somit vereinfacht gesagt dazu da, den Blutzuckerspiegel im Gleichgewicht zu halten sowie den Zellen Energie in Form von Glucose zur Verfügung zu stellen.

Erklärung Kohlenhydrat-Insulin-Modell

Eine Erklärung für die Entstehung von Übergewicht bietet das sogenannte Kohlenhydrat-Insulin-Modell (engl. CIM, carbohydrate-insulin model), das einen Gegensatz zum «klassischen» Energiebilanzmodell bildet. Dieses Modell sagt, dass es allein auf die Kalorien ankomme, ob jemand übergewichtig wird. Und es hat offensichtliche Schwächen. Das CIM hingegen sagt: Es geht nicht um die Kalorien per se, sondern um die Art der Kalorien. Es stellt eine Ernährung reich an raffinierten und damit schnell verdaubaren Kohlenhydraten mit Übergewicht in Zusammenhang. Vereinfacht spielt sich dabei folgender Mechanismus im Körper ab: Essen wir viele schnell-verdaubare Kohlenhydrate und tun wir das mehrmals pro Tag, haben wir einen chronisch hohen Insulinspiegel im Blut, weil das Insulin den hohen Blutzuckerspiegel (eigentlich die Glucose) senken muss. Ein gewisser Teil der Glucose wird in der Leber und in den Muskel als Kohlenhydratspeicher gespeichert. Weil diese Speicher begrenzt sind, wird überschüssige Glucose in Fett umgewandelt. Normalerweise senden volle Fettzellen ein Signal ans Gehirn, dass nun genügend Energie vorhanden ist, und es tritt ein Sättigungsgefühl ein. Insulin blockiert jedoch dieses Signal, d.h. wir empfinden immer wieder Hunger – und essen noch mehr. Dies auch, weil Zucker das Belohnungszentrum anregt. Anstatt die Fettreserven aufzubrauchen, werden sie also noch mehr gefüllt. Der Teufelskreis ist perfekt.

Auswirkungen einer proteinreichen Ernährung auf Übergewicht

Wie sieht es nun mit dem Protein aus? Welche Rolle spielt dieses beim Thema Übergewicht? Nach langjährigen Untersuchungen haben bereits 2003 die beiden Biologen David Raubenheimer und Stephen Simpson im Rahmen einer Studie an Menschen eine Hypothese zur Rolle des Proteins aufgestellt. Sie nennen ihr Werk «The power of protein».

Die Hebelwirkung des Proteins oder «Protein Leverage»

Bei dieser Studie konnten die Studienteilnehmer sich über mehrere Tage an verschiedenen reichhaltigen Buffets bis zur Sättigung bedienen. Die Buffets unterschieden sich dabei im Verhältnis der Makronährstoffe Protein, Kohlenhydrate und Fett. Das eine Buffet war mit Lebensmitteln ausgestattet, die viel Protein, aber wenig Kohlenhydrate und Fett enthielten. Das andere Buffet hingegen bot viele proteinarme und zugleich kohlenhydrat- und fettreiche Lebensmittel an. Dabei wurde beobachtet, dass die Teilnehmenden viel mehr assen, wenn das Buffet viele proteinarme und gleichzeitig kohlenhydrat- und fettreiche Lebensmittel enthielt als wenn das Buffet hauptsächlich proteinreiche Lebensmittel bot. Dies führte zur heute unter dem Namen «protein leverage» bekannten und wiederholt bestätigten Hypothese, dass Proteine die Makronährstoffeinnahme steuern. Einfacher gesagt, essen wir solange bis wir unsere Zielmenge an Protein erreichen. Erst dann sind wir gesättigt. Entsprechend nehmen wir automatisch weniger Energie auf, wenn wir Lebensmittel mit höheren Proteingehalten zu uns nehmen – womit das Risiko für Übergewicht sinkt.

Das Kohlenhydrat-Insulin-Modell und die Protein-Leverage-Hypothese widersprechen sich somit dabei nicht, sondern sind zwei Seiten derselben Medaille.

«Proteine Leverage Hypothese» und optimale Proteinzufuhr

«Je mehr Protein, desto besser», wäre aber der falsche Schluss. Vielmehr geht es um die optimale Proteinmenge und -qualität in unserer Ernährung.6 Die Referenzwerte für die tägliche Zufuhr liegen derzeit bei 0.8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Wird die aktuelle Studienlage berücksichtigt, scheint das Optimum eher bei 1.2 bis 1.6 Gramm pro Kilogramm und Tag zu liegen. Zwei kleine Portionen à 50 Gramm des Knuspermüesli High Protein low sugar Erdbeere Vanille decken dabei für eine ca. 60-70 Kilogramm schwere Person bereits rund ein Drittel der täglich optimalen Proteinzufuhr.

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