Bauchgefühl gut, alles gut? — Wie unser Darm uns beeinflusst

Samantha Ballo
Veröffentlicht 12. November 2024Lesezeit 6 Min.

Welche Rolle spielt unser Darm für unser ganzheitliches Wohlbefinden? Und was haben Bifidus-Kulturen damit zu tun? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir zuerst einen Abstecher in die Welt des Darms wagen – dem wahrscheinlich am meisten unterschätzten Organ.

Dabei widmen wir uns den Fragen:

  • Welche Funktionen erfüllt unser Darm in unserem Körper?
  • Was versteht man unter dem Begriff Darm-Mikrobiota?
  • Was können wir tun, um unsere Darmgesundheit zu fördern?

Unser Darm – das unterschätzte Organ

Der Darm ist eine 5.4 m lange Röhre mit einem Durchmesser von 3-5 cm. Seine Innenfläche besteht aus Falten, Zotten und sogenannten Mikrovilli, welche eine massive Vergrösserung der Darm-Oberfläche verursachen und so für eine hoch-effiziente Nährstoff-Aufnahme sorgen. Unser Darm ist jedoch nicht nur für die einwandfreie Nährstoff-Aufnahme und die Regelung von Hunger und Sättigung zuständig – er ist auch aktiv an der Regelung von Stoffwechsel und Immunsystem sowie Nervensystem und Hormone beteiligt. Wie dies funktioniert erläutern wir dir im nächsten Abschnitt.

Die Darm-Hirn-Achse und ihre Auswirkungen

So wie der Gotthardpass in Europa eine wichtige Verkehrsachse ist, so ist die kürzlich entdeckte Darm-Hirn-Achse wohl eine der bedeutendsten Kommunikations-Achsen im menschlichen Organismus. Stark vereinfacht gesagt, findet die Kommunikation zwischen Darm und Hirn über drei Wege statt: Über den Vagus-Nerv, welcher Darm und Hirn verbindet; über Hormone, welche der Darm ausschüttet, aber auch über die Darmbakterien. Diese produzieren im Laufe ihres Lebens verschiedene Stoffwechselprodukte und Immunzellen. Der Darm beeinflusst das Gehirn dabei viel stärker als bisher gedacht. 80-90 % der Informationen fliessen vom Darm ins Gehirn und nur 10-20 % vom Gehirn in den Darm. Diese Tatsache sowie die Erkenntnis, dass viele Menschen mit chronischen Erkrankungen Probleme mit ihrem Darm haben, führte die Wissenschaft schnell zur Huhn-Ei Frage: Kann es sein, dass ein kranker Darm die Entstehung anderer Krankheiten begünstigt oder sogar die Ursache diverser chronischer Krankheiten ist? Alles deutet bisher daraufhin, dass ein kranker Darm am Anfang steht. Was heisst das nun für uns? Wenn wir uns möglichst lange gesund fühlen möchten, sollten wir mit unserem Darm und seinen Bewohnern achtsam sein. Bevor wir ins Detail gehen wie wir dies tun können, lernen wir im nächsten Abschnitt zuerst die Darm-Bewohner etwas besser kennen.

Die Darm-Mikrobiota oder der Kampf zwischen «Gut» und «Böse» im Bauch

Die Darm-Mikrobiota – im Volksmund als Darmflora bekannt – umfasst die Gesamtheit aller im Darm-lebenden Bakterien, Pilze und Viren. Dabei sind im Darm verschiedenste Bakterien-Familien präsent wie zum Beispiel die Gattungen Bifidobacterium, Bacteroides, Clostridium, Escherichia etc. Je nach Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota werden unterschiedliche Stoffwechselprodukte und Immunzellen produziert, welche eine direkte Auswirkung auf unsere körperliche und psychische Gesundheit ausüben. Je nachdem ob mehr entzündungshemmende oder entzündungsfördernde Stoffe produziert werden, hat das entweder positive oder negative gesundheitliche Folgen. In einer gesunden Darm-Mikrobiota herrscht vereinfacht gesagt ein ideales Verhältnis zwischen gesundheitsfördernden und gesundheitsschädigenden Bakterien vor, wobei auch die Bakterienvielfalt eine Rolle spielt. Eine grosse Vielfalt an verschiedenen Bakterien wird mit einer gesunden Mikrobiota in Verbindung gebracht. Ein Ungleichgewicht der Mikrobiota (in der Wissenschaft als Dysbiose bezeichnet) wird dann begünstigt, wenn die entzündungsfördernden oder «bösen» Bakterien Überhand nehmen und ihrerseits diverse entzündungsfördernde Signale via Darm-Hirn-Achse ins Gehirn und übrige Stellen aussenden. Dies kann zur Folge haben, dass wir uns nicht gut fühlen. Inzwischen ist bekannt, dass die Mikrobiota bei der Stimmung, der Kognition, dem Schmerz sowie der Regulation des Körpergewichts eine Schlüsselrolle spielt. Wie können wir nun unsere Mikrobiota positiv beeinflussen und damit zu mehr körperlichem und psychischem Wohlbefinden gelangen?

Auf die Darmgesundheit achten – wie geht das?

Unserem Darm Sorge tragen, können wir indem wir positiven Einfluss auf die darin lebenden Bakterien, also die Mikrobiota, nehmen. Die Entwicklung der Mikrobiota beginnt sehr früh, also bereits während der Geburt. Eine natürliche Geburt in Kombination mit dem anschliessenden Stillen ist dabei der perfekte Start ins Leben und fördert die Vielfalt der Mikrobiota, insbesondere der gesundheitsfördernden Bakteriengattungen wie Bifidobakterien und Lactobacillen. Aber auch wenn der Start ins Leben anders verläuft, steht einer gesunden Darm-Mikrobiota nichts im Wege. Mit gesunder Ernährung und ausreichend körperlicher Bewegung kann viel Einfluss genommen werden. Bei einer gesunden oder auch Mikrobiota-freundlichen Ernährung nehmen vor allem zwei Stoffe eine Schlüsselrolle ein: die sogenannten Präbiotika und Probiotika.

Prä- und Probiotika

Präbiotika sind nicht-verdaubare Stoffe und gehören zu den Nahrungsfasern, welche die Mikrobiota als Energiequelle oder «Futter» nutzen. Die dadurch entstehenden entzündungshemmenden Stoffe haben einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit. Präbiotika sind reichlich vorhanden in Gemüse, Früchten und Vollkornprodukten. Zu den Präbiotika, die wir in unseren Müesli einsetzen, gehören zum Beispiel Inulin und Oligofructose. Derzeit liegt die empfohlene tägliche Zufuhr von Nahrungsfasern bei 25-35 Gramm, vermutlich liegt die ideale Menge jedoch einiges höher, also bei ungefähr 50 Gramm. Bei den Probiotika handelt es sich um lebende Mikroorganismen wie zum Beispiel Bifidobakterien und Lactobacillen, die einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit ausüben. Eine gute Quelle von Probiotika sind Lebensmittel wie Joghurt, Kefir oder Sauerkraut. Solch meist fermentierte Lebensmittel enthalten nicht nur Probiotika, sondern auch andere gesundheitsfördernde Stoffe.

Wie geht ein Darm-freundlicher Lebensstil? 7 Tipps für deinen Alltag

1) Entzündungshemmende Ernährungsweise

Um Mikrobiota-freundliche Stoffe wie Präbiotika in genügender Menge zu dir zu nehmen, ist die mediterrane Diät bestens geeignet. Neben reichlich Nahrungsfasern aus Gemüse, Früchte und Vollkornprodukten ist die Diät auch durch ihre entzündungshemmenden sekundären Pflanzenstoffe (wie Polyphenole) und hochwertigen Fette (Olivenöl, Fisch, Nüsse, Samen & Kerne) gekennzeichnet.

2) Gesundheitsförderliche Bakterien-Kulturen

Regelmässiger Konsum fermentierter Lebensmittel oder von Lebensmitteln, die gesundheitsförderliche Bakterien-Kulturen enthalten.

3) Ausreichend Bewegung

Sport fördert die Mikrobiota-Vielfalt – je öfter und intensiver die Tätigkeit, desto grösser der Einfluss auf die Diversität. Nicht zu vergessen aber auch die Entspannung nach dem Sport (siehe letzter Punkt)!

4) Zuckerkonsum einschränken

Zu viel Süsses begünstigt die Dysbiose resp. das Wachstum gesundheitsschädigender Darmbakterien.

5) Verzicht auf künstliche Süssungsmittel

Gewisse Zusatzstoffe wie künstliche Süssungsmittel und Emulgatoren begünstigen ebenfalls die Dysbiose resp. das Wachstum gesundheitsschädigender Darmbakterien

6) Antibiotika-Einnahme einschränken

Wenn nicht unbedingt notwendig, sollte auf den Gebrauch von Antibiotika verzichtet werden. Bei gewissen Krankheiten ist eine Antibiotika-Therapie jedoch unabdingbar und lebensrettend.

7) Entspannung

Stressmanagement, ausreichende Entspannung und Schlaf spielen eine entscheidende Rolle für einen darmfreundlichen Lebensstil. Denke über Achtsamkeitspraktiken oder andere Aktivitäten nach, die das mentale Wohlbefinden fördern. Stress hingegen begünstigt die Dysbiose.

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